Strahlend weiße Zähne sind ein wesentliches Element einer gewinnenden Erscheinung, sie strahlen Gesundheit und manchmal auch Männlichkeit aus. Im Wissen um diese Tatsache helfen nicht wenige Menschen ihren Zähnen auf die Sprünge, indem sie sie entweder bleichen oder direkt mit Keramik bekleben lassen. Zähne finden sich auch in Johannes Bendzullas aktueller Werkgruppe "White Cube White Teeth" wieder, nachdem sie in den letzten Jahren zu einem Leitmotiv für ihn geworden sind. Es wäre jedoch übertrieben zu sagen, dass hier die Zähne im Mittelpunkt stehen; vielmehr dürfte das Interesse des Künstlers an ihnen auf ihre Allgegenwärtigkeit zurückzuführen sein. Immerhin hat Bendzulla in den vergangenen Jahren die Diskursivität seiner Arbeiten sukzessive abgebaut und sich einem komprimierten Materialbestand zugewandt, der frei durch seine Bilder schwebt. Da erscheinen Zähne zunächst einmal harmlos und frei von tieferen motivischen Implikationen. Aber Zähne sind nicht nur allgegenwärtig, sie sind auch rein weiß, glänzend und entscheidend für das Image des Erfolgs. Damit ist das funkelnde Perlweiß der perfekte Proxy für Bendzullas glatte digitale Ästhetik der Simulation, die man auch als eine Bildpolitik der Fassade bezeichnen könnte, die ihre eigene Oberflächlichkeit ständig thematisiert. Wer sich intensiver mit diesem ästhetischen Register beschäftigt, wird feststellen, dass es seit langem durch einen engen Tanz von Asepsis und Glitches gekennzeichnet ist, bei dem Renderings so eingesetzt werden, dass sie auf ihrer eigenen Glätte ausrutschen. Das Eintauchen des Künstlers in die Zahnmedizin erscheint daher fast logisch, da wir Asepsis als ein mangelhaftes Ergebnis im Umgang mit Zähnen wahrnehmen, etwa wenn das Bleaching-Tablett ein paar Minuten zu lange angelassen wird oder wenn Keramik-Veneers die gleiche mathematische Stringenz aufweisen wie ein Lattenzaun. Diese motivische Verdichtung, die mit einer Straffung des Bendzulla'schen Bildprogramms einhergeht, entspricht einer Reduktion der dargebotenen Informationen. Konnte man noch vor kurzem den Eindruck gewinnen, dass sich seine digitale Praxis - trotz aller kategorialen Unterschiede - zunehmend der Malerei annähert, so sind der spielerische Umgang mit malerischen Referenzen und die nachgeahmte Pinselführung in der Folge sichtbar reduziert zugunsten einer Glätte, die sich zunehmend dem zu vermittelnden Eindruck unterordnet. Die neuen Bilder sind allesamt Erscheinungen, die sich selbst vortragen, dies aber auch durch ihre Schichtungen beugen: Küchen, Schlafzimmer, Wohnzimmer, jeweils aus der Hand eines Innenarchitekten und vollständig wiedergegeben, und gerade deshalb zu kalt und generisch, als dass selbst eine Fruchtfliege darin existieren könnte. Und genau deshalb spiegeln die Arbeiten aus "White Cube White Teeth" Bendzullas Programm in seiner reinsten Form wider - seine Technophilie und Faszination für die verführerische Anziehungskraft digitaler Bilder, in denen alles nur ein wenig zu perfekt, zu sauber, zu glatt erscheint. Und die mit ein wenig Übertreibung ein komödiantisches Potenzial entfaltet, das durchaus in der Lage ist, ein paar Kratzer am Meisterzeichen der Perfektion zu hinterlassen.
(Quelle: Moritz Schepers)