Sie verguckt sich in das Model Karin Thimm, lässt sie bei sich wohnen und verhilft ihr zu einer aussichtsreichen Karriere. Nach kurzer Zeit wird Petra von Karin betrogen und verlassen. Für Petra beginnt eine emotionale Höllenfahrt, in der ihre Hilflosigkeit und Verzweiflung in Gewalt, Übergriffigkeit und Egomanie umschlagen und die sie zu einer Abrechnung mit ihrem engsten familiären Umfeld treibt. Rainer Werner Fassbinders Stück "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" aus dem Jahr 1971 zeichnet eine Welt der Dekadenz, der Herrschsucht, der Leidenschaft und der Verletzlichkeit. Das konfliktreiche Melodrama bringt sechs Frauen aus unterschiedlichen Lebenssituationen zusammen – es behandelt die Frage, ob eine Amour fou über die Klassenschranken hinweg möglich ist, und stellt sich als eine Etüde der Machtverhältnisse auch dem Dilemma, einen Menschen zu lieben, ohne ihn besitzen zu können. Dabei verdichtet sich das stark autobiografisch geprägte Stück zu einem emotionalen Sog, in dem Petras Angst nicht geliebt zu werden, auf Karins Freiheitsdrang und ihren Wunsch nach Anerkennung trifft. Für Fassbinder der Versuch zu zeigen, "dass wir fehlgeleitet werden durch unsere Erziehung und durch die Gesellschaft, in der wir leben". (Quelle: Schauspielhaus)
Von Rainer Werner Fassbinder